Bekannt geworden ist Maggie Salcedo wohl primär als Kinderbuchautorin und Illustratorin. Zwischen 1913 und 1920 war sie zudem Mitarbeiterin bei der noch heute berühmten Zeitschrift „Gazette du bon ton“. Dort fand ich ihren reizenden Artikel über den Besuch bei der Putzmacherin Mlle Adamine.
Die „Gazette“ bezeichnete ja bereits im Untertitel ihre Themen: Kunst, Mode und „Frivolitäten“. Sie war eine elitäre, teure und sehr aufwändig gestaltete Zeitschrift, die von 1912 bis 1925 in Paris erschien. Berühmt sind die enthaltenen Siebdrucke, die heute noch gesuchte Sammlerstücke sind. Der Herausgeber arbeitete zum Teil exklusiv mit großen Modehäusern zusammen, so dass sich in der Zeitschrift nicht das ganze, aber doch ein sehr großer Teil des Spektrums der französischen Mode enfaltet.
Die Autorin des Artikels, Maggie Salcedo, wurde 1890 in ein wohlsituiertes jüdisches Elternhaus geboren. Sie zeichnete, illustrierte Kinderbücher, realisierte die Inneneinrichtung großer Häuser – und war als Autorin tätig. Ihr graphischer Stil ist eindeutig „Art Deco“, mit klaren reduzierten Linien, Farbflächen und großer Eleganz.
Hüte sind natürlich immer wieder Thema der Mode, und so war es nicht überraschend, in der „Gazette“ einen kleinen Beitrag zu einer Putzmacherin zu finden, „Mlle Adamine, Modiste“. Maggie Salcedo beschreibt darin den Besuch bei einer Modistin – mit fünf kleineren Kindern, die sie als kleine wilde Teufelchen, wir würden sagen: Rangen: schildert. Aber natürlich werden sie sofort durch Mlle Adamine verzaubert, die für jede und jeden den richtigen Hut findet bzw. erfindet.
Besonders hübsch, idealisierend, ist aus meiner Sich der folgende kleine Absatz:
Nous nous inclinâmes. Et comme je m’émerveillais de la variété des formes, des étoffes, des couleurs: « Vous sortez beaucoup, Mlle Adamine« demandai-je »pour renouveler tant de modèles?» —
Maggie Salcedo: Mlle Adamine, Modiste. In: Gazette du bon ton, 1. Teil, 1912-1913, S. 183-184
«Presque jamais» répondit-elle. On m’envoie des liasses de tissus. J’y rêve. De loin en loin je me promène vers midi dans les jardins du Roy, á Versailes.» Ses voisins disent de Mlle Adamine que c’est «une originale». Ne serait-ce pas plutôt une artiste?
Die Putzmacherin – hier ist sie die Künstlerin, die sich vom Material, von ihren Träumen leiten lässt und sich nur ab und an den Realitäten (bei einem Spaziergang) aussetzt. Eine Beschreibung, die so gar nichts mit den harten Realitäten der allermeisten Putzmacherinnen zu tun gehabt haben dürfte.
Den gesamten Text ist hier zu finden:
Der Artikel erschien 1913, ein Jahr vor Ausbruch des 1. Weltkriegs. Vor diesem Hintergrund ist er für mich umso mehr Ausdruck einer vergangenen, untergegangenen Welt.
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