In Hamburg ist gerade der dritte Teil einer großangelegten Ausstellung von Sigmar Polke zu sehen: „Wir Kleinbürger“. Versammelt sind Arbeiten aus den 60er und 70er Jahren, thematisch geht es um Politik und Gesellschaft, wie es sich für einen zeitgenössischen Künstler damals gehörte.
Es ist unglaublich, mit welcher technischen Brillianz Polke das Zufällige gesteuert und das Kontrollierte intuitiv eingebunden hat. Da wird auf Malgründe unterschiedlicher Art, von Kleiderstoffen, Leinwand bis Zeitung gemalt, gedruckt, gezeichnet und schabloniert; Fotos dienen als Vorlage ebenso wie Abbildungen aus Büchern und Headlines aus BILD oder ZEIT. Allein der ästhetische Reiz ist Anlass genug für die Ausstellung, die auch wegen der politischen Reflektion lohnt.
Leider hat sich die Kunsthalle aber dazu entschlossen, Tondokumente so lautstark zu präsentieren, dass in der ganzen Ausstellung ständig irgendwelche verzerrten Videos zu hören sind. Nun ist es schon anspruchsvoll genug, optisch die vielen Werke „in Reihe“ wahzunehmen, – jedes einzelne beansprucht ja für sich, wahrgenommen werden zu wollen. Mit der Beschallung der Räume wird ein Stressfaktor eingeführt, der die Ausstellung insgesamt leider abwertet.
Das scheint aber grundsätzlich eine Tendenz zu sein, die wir sonst nur aus Supermärkten und Kaufhäusern und Einkaufszentren kennen: ständige Beschallung. Im Museum sollten andere Möglichkeiten dafür geschaffen werden (abgeschlossene Kabinette?), die eine Wahrnehmung der visuellen Kunst ermöglichen. Beiden Kunstwerken – dem auditiven, das sich immer in den Vordergrund drängt, und dem visuellen, das wir eigentlich gerade sehen wollen – wird sonst nicht genügend Aufmerksamkeit zuteil, sie müssen darum konkurrieren.
Das ist so, als ob wir die Werke von Polke vor einer Tapete sehen würden, die z.B. ein Motiv von Botticelli wiederholt. Wäre ja auch nicht wirklich schön…