Fundstücke Putzmacherei und Putzmacherin

Die Putzmacherin: Eine Operette von 1790

Das ist mal wieder eine wirklich wilde Geschichte. Eine Operette, genauer gesagt, also kein Trauerspiel, und viel über die Putzmacherei werden wir nicht erfahren: Aber etwas über Liebe und Intrige und Familie, und am Ende – kriegen sie sich natürlich. Aber der Reihe nach:

Bei Mariane, ihres Zeichens Putzmacherin, lernt die Zimmermannstochter Margarethe das Putzmachen. Der Vater, Herr Kunze, ist ein rechter Haudrauf, gezähmt allenfalls von seiner Frau. Kunze fühlt sich hintergangen, weil er seine Tochter beim Strick- und Häkelunterricht wähnt, dann aber erfährt,, dass Sie Putzmacherei lernt. Für ihn ist die Putzmacherei unsolide, die Ausbildung führt direkt in den sittlichen Verderb.

Die Putzmacherin Mariane wiederum ist eigentlich aus besserem Hause, musste aber Vater, Bruder und Geliebten nach einem Zerwürfnis verlassen und wurde Putzmacherin, um sich so redlich ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Porträt der Madame Seriziat 1795 von Jaques Louis David
Porträt der Madame Seriziat 1795 von Jaques Louis David

Eine ihrer Schülerinnen ist Wilhelmine, die Tochter des Sekretärs Luck, die den alten Domainen-Rath heiraten soll. Die Eltern Luck machen sich Hoffnung auf dessen baldigen Tod (der Mann ist immerhin schon 56 Jahre alt!) und hoffen dann an sein Vermögen zu kommen. Wilhelmine ist aber verliebt in den Rittmeister von Ehrenthal. Sie bitte Mariane, sich für sie einzusetzen, wenn der Rittmeister bei ihren Eltern um ihre Hand anhält. Sollte das nichts fruchten, wolle er sie entführen. Der Rittmeister heisst eigentlich von Geismar und ist mit seinem Freund von Norrmann auf der Suche nach seiner Schwester. Herr von Norrmann war der Geliebte besagter Schwester.

Nun nimmt das Schicksal seinen Lauf. Der Diener von Geismar kennt das Stubenmädchen von Mariane. Sie wird bestochen, Herrn von Geismar und Wilhelmine ein Stelldichein in ihrem Zimmer zu ermöglichen. Dieses Treffen wird allerdings vom Vater Kunze auf seiner Suche nach seiner Tochter (Margarete) entdeckt, der sich darin bestätigt sieht, dass es sich bei der Putzmacherin um eine Kupplerin handelt. In der folgenden zentralen Szene stellt sich heraus, dass besagter Herr von Geismar der Bruder von Mariane ist, der schon lange auf der Suche nach ihr ist. Der Vater habe sich wieder versöhnt, und werde sie in Kürze aufsuchen. Freude über Freude!

Der Zimmermann Kunze weiß nichts besseres, als dem Sekretär Luck von dem unziemlichen Verhalten seiner Tochter zu berichten. Daraufhin stellt das Ehepaar Luck Mariane und Wilhelmine zur Rede. Mariane erklärt, wer der „Liebhaber“ wirklich ist (ihr Bruder und ein reicher Mann). Von Geismar kommt hinzu, hält um die Hand Wilhelmines an und ist damit nach etlichem Hin und Her auch erfolgreich. Der Domänen-Rath kommt auch noch dazu, indes: zu spät, da die Verlobung zwischen Mathilde und von Geismar ja soeben stattgefunden hat. Er droht mit Gericht und Polizei, wird aber von den anderen nicht mehr ernstgenommen und von von Geismar herausbegleitet. Von Geismar kommt zurück, im Schlepptau aber nicht wie angekündigt mit seinem und Marianes Vater (der im Übrigen schon tot ist), sondern mit seinem Freund von Norrmann – dem einstigen Geliebten von Mariane. Alles löst sich in Wohlgefallen auf, und zum Schluss wird auch noch dem treulosen Stubenmädchen vergeben, das den Diener des Herrn von Geismar liebt, sodass sich auch hier alles zum Guten wendet.

Wie schon angekündigt: Über die Putzmacherei lernen wir nicht viel. Obwohl – so, wie Zimmermann Kunze über Mariane herzieht, das ist schon lesenswert. Volkes Stimme?

„Und Sie, Madame! Sie ist eine Putzmacherin, eine Gelegenheitsmacherin, die man nicht dulden sollte, die man zur Stadt hinaus jagen sollte, die mich und meine Tochter unglücklich machen wird, die nicht werth ist, daß man nur viel Worte um sie verliert, …
Meine Tochter, Madame! ist gerade soviel werth wie ihre Mutter. Ich will haben, daß eine brave Burgersfrau aus ihr werden soll, und man will sie mir zu einer Mamsell machen. Sie soll striken und nähen, und sie lernt mir das teuflische Putzmachen. Sie soll mir ein ehrliches, wakres Mädchen bleiben, und man stutzt sie zu einer Maitresse auf. … Ich dachte lange, sie sässe in der Strikstunde, und nun hat sie der Teufel da bei der Putzmacherin.“ (S. 7, S. 11)

Das ist starker Tobak, Mariane bleibt aber gelassen und beherrscht, auch wenn sie innerlich unter den Verleumdungen leidet. Aber, wie wir oben gesehen haben, es wendet sich ja noch alles zum Guten.

Original einer Kalesche, ca. 1790
Original einer Kalesche, ca. 1790 (Quelle: Website www.antique-gown.com)

Der Text der Operette wurde von J. W. A. Schoepfel geschrieben, oder präziser Johann Wolfgang Andreas Schoepfel. Er lebte von 1752-1827 und war Schriftsteller und „Librettist“. Der Datenbank der Klassik Stiftung Weimar entnehme ich folgende Information:

„Schoepfel, Johann Wolfgang Andreas (1752-1839), Jurist, preußischer Beamter, Schriftsteller, 1777 Regierungsadvokat und Sekretär beim Oberforstamt in Neustadt an der Aisch, 1784 Jagd- und 1796 Kriegsrat in Bayreuth, um 1798 Assessor und um 1803 Rat in der dortigen Kriegs- und Domänenkammer, seit etwa 1800 Forstrat, 1811 pensioniert“ ((weiter oben in der Datenbank findet sich das Sterbedatum 1827; welches richtig ist, kann man leider nicht feststellen)).

Es entbehrt nicht der Komik, dass er 13 Jahre nach der „Putzmacherin“ selbst Rat in der Domänenkammer wurde. Damals war er allerdings erst 51 Jahre alt…

Die Musik wurde von Friedrich Preu komponiert, über den nur sehr wenige Informationen zu finden sind. Immerhin schrieb er auch die Musik für „Der Irrwisch“ nach dem Libretto von Christoph Friedrich Bretzner, und Bretzner ist durch seinen Konflikt mit Mozart bekannt. Mozart hatte (angeblich) seine Operette „Belmonte und Constanze, oder: die Entführung aus dem Serail“ plagiiert. Über Friedrich Preu dagegen ist mehr nicht zu sagen.

© Copyright Anno Stockem 2025

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