Allgemein Putzmacherei und Putzmacherin

Chez la Modiste – bei der Putzmacherin um 1904

„Bei der Putzmacherin / Modistin“, so lautet die Beschreibung einer Wandtafel aus Pappe, die als Teil der Serie „34 Leçons de Choses en Images sans paroles“ erschien. Wir erfahren noch die Namen der Urheber/Autoren, Jean Perrot und Fernand Fau, sowie den Verlag, Fernand Nathan, damals schon einer der großen Schulbuchverlage Frankreichs.

Wandtafel aus der Serie "Leçons de Choses en Images sans paroles" mit dem Titel "Chez la Modiste", von Jean Perrot und Fernand Fau
Wandtafel aus der Serie „Leçons de Choses en Images sans paroles“ mit dem Titel „Chez la Modiste“, von Jean Perrot und Fernand Fau

Die Tafel wurde offensichtlich schon für den internationalen Markt konzipiert – so jedenfalls könnte man die immerhin viersprachige Übersetzung des „Chez la Modiste“ interpretieren. Und da es Bilder ohne Worte sind, konnten die Tafeln wirklich in vielen Ländern eingesetzt werden. Ob da die französischen (und eigentlich ja französischsprachigen) Überseekolonien auch eine Rolle gespielt haben?

Zu den Tafeln gab es einen Erläuterungsband, um die Kinder – für die die Tafeln bestimmt waren – auf Details hinzuweisen und über den jeweiligen Beruf zu unterrichten. Verfasser war Noémi Weiller, „professeur agrégé“ (Oberlehrer) am Lyzeum für junge Mädchen in Dijon. Ich habe seine Erläuterungen jeweils unter den Bildern eingefügt.

Die Tafel zeigt zwei Bilder. Oben ist zunächst ein Atelier, eine Werkstatt zu sehen:

Das Atelier der Putzmacherin; Detail einer Wandtafel aus der Serie "Leçons de Choses en Images sans paroles" mit dem Titel "Chez la Modiste", von Jean Perrot und Fernand Fau
Das Atelier der Putzmacherin; Detail der Wandtafel „Chez la Modiste“ von Jean Perrot und Fernand Fau

Kommentar von N. Weiller zum ersten Bild der Tafel "Chez la Modiste" aus den "34 Leçons de Choses en Images sans paroles" Weiller_Chez_la_Modiste_1_Bild
Kommentar von N. Weiller zum ersten Bild der Tafel „Chez la Modiste“ aus den „34 Leçons de Choses en Images sans paroles“

Zu bemerken ist noch der Umgang mit Farbe, der den Blick lenkt und fokussiert: drei gelbe Hüte, die Schleife, die Blume und die Feder in Rot und Grün, links noch etwas blaues Band; und die Bewegung rechts aus dem Bild heraus gleich in die untere Szene.

Die Anprobe bei der Putzmacherin; Detail einer Wandtafel aus der Serie "Leçons de Choses en Images sans paroles" mit dem Titel "Chez la Modiste", von Jean Perrot und Fernand Fau
Die Anprobe bei der Putzmacherin; Detail der Wandtafel „Chez la Modiste“ von Jean Perrot und Fernand Fau
Kommentar von N. Weiller zum zweiten Bild der Tafel "Chez la Modiste" aus den "34 Leçons de Choses en Images sans paroles" Weiller_Chez_la_Modiste_2_Bild
Kommentar von N. Weiller zum zweiten Bild der Tafel „Chez la Modiste“ aus den „34 Leçons de Choses en Images sans paroles“

Auch im Verkaufsraum finden sich wieder gelbe Hüte – und zwar auf den Hutständern, die rechts auf einem Tisch stehen. Dazu noch einige rote Hüte und natürlich der rote Hutschmuck der potenziellen Kundin, die – zumindest in der Beschreibung – vielleicht schon den zehnten Hut anprobiert. Interessant, dass auch eine Kassierin gezeigt wird; sie hat zur Linken eine Schreibmaschine und ist offensichtlich mit „Papierkram“ befasst. Damit wird auch die organisatorische Seite des Berufes gezeigt, der eben nicht nur kreativ ist oder aus Beratung der Kundinnen besteht, sondern auch wirtschaftlich funktionieren muss.

Weiller fügt noch einige grundlegende Informationen und Anregungen für den Unterricht bei:

Kommentar von N. Weiller zur Tafel "Chez la Modiste" aus den "34 Leçons de Choses en Images sans paroles"
Kommentar von N. Weiller zur Tafel „Chez la Modiste“ aus den „34 Leçons de Choses en Images sans paroles“

Das deutsche Sprichwort „Mit dem Hut in der Hand – kommt man durch das ganze Land“ gibt es offensichtlich auch in Frankreich!

Auf der Rückseite der Wandtafel geht es übrigens gleich weiter mit dem nächsten Thema: „Chez le Tailleur“. Auch hier gibt es wieder viele nette Details zu entdecken …

Wandtafel aus der Serie "Leçons de Choses en Images sans paroles" mit dem Titel "Chez le Tailleur", von Jean Perrot und Fernand Fau
Wandtafel aus der Serie „Leçons de Choses en Images sans paroles“ mit dem Titel „Chez le Tailleur“, von Jean Perrot und Fernand Fau

Die „34 Leçons de Choses en Images sans paroles“ erschienen zuerst als kleines Büchlein mit denselben Abbildungen, allerdings in schwarz/weiss. Es scheint sehr erfolgreich gewesen zu sein – im Internet sind Exemplare in 11. Auflage zu finden! Die Sammlung des Musée national de l’Éducation gibt an, dass das Buch erstmals 1904 erschienen sei; demnach stammen die Abbildungen aus dieser Zeit. Im Jahr 1912 erschienen dann auch Erläuterungen zu den Bildern; vermutlich entstanden dann auch die Wandtafeln.

Als Urheber bzw. Autoren werden Jean Perrot und Fernand Fau genannt. Über Perrot ist im Netz kaum etwas zu finden, außer dem Beruf Grundschullehrer (instituteur) und die Lebensdaten (1858 bis 1947). Bei Fernand Fau sieht es besser aus. Er lebte von 1858 bis 1915 und war ein französischer Karikaturist und Illustrator.

Portrait von Fernand Fau (1858-1915)
Portrait von Fernand Fau (1858-1915)

Auf dem Foto aus dem Jahr 1885 sieht er ziemlich elegant und selbstbewusst aus, wenn man will, kann man aber auch etwas Schalk aus den Augen blitzen sehen. Die Bilder, die er für die „34 Leçons“ geschaffen hat sind jedenfalls einfach, aber detailreich und irgendwie liebevoll gezeichnet.

© Copyright Anno Stockem 2025

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