Putzmacherei und Putzmacherin

Gertrud Knop – eine Putzmacherin aus Hamburg

Lehrbrief, Meisterzeugnis und Arbeitsbuch der Putzmacherin Gertrud Knop 1924-1937 geben mir Anlass, ihrem Berufsweg von 1924-1937 einmal nachzuspüren.

Geboren wurde Gertrud Knop am 12. Juli 1907; der Vater, Kaufmann Friedrich Knop, meldete sie (ein Zeugnis liegt auch vor) 1914 von der Mädchen-Mittelschule in Kiel ab. Es ist zu vermuten, dass die Familie dann nach Hamburg umzog. Jedenfalls wird eine Hamburger Adresse als Wohnort des Vaters im Arbeitsbuch von 1921 angegeben.

Gertrud Knop begann ihre Lehre am 20. April 1922, im Alter von noch nicht ganz 15 Jahren; ihre Lehrzeit endete nach zweijähriger Lehrzeit am 19.04.1924. Die Prüfung hatte sie bereits im Februar mit „ausgezeichnet“ bestanden.

Prüfungszeugnis und Lehrbrief von Gertrud Knop 1924

Gertrud Knop lernte im „Modehaus Schmand“ in Hamburg.

Arbeitsbuch Gerda Knop 1922-1926

Dieses Modehaus war offensichtlich kein reines Hutgeschäft, sondern ebenfalls Spezialhaus für Pelze und Modewaren, lt. Adressbucheintrag von 1922:

Adressbuch-Eintrag Modehaus Schmandt 1922

Eine solche Diversifikation war bekanntlich sinnvoll, um auch in der sog. „stillen Zeit“ außerhalb der Hutsaison den Geschäftsbetrieb aufrecht erhalten zu können und für jede Jahreszeit ein Angebot zu haben.

Nach der dreijährigen Lehre wechselte Gertrud Knopp als Vorarbeiterin in das „Hamburger Engroslager Ferd. Winsen“, wo sie aber nur ein halbes Jahr blieb. Dieses „Engroslager“ war lt. Adressbuch von 1903 eine „Besatz-, Putz- und Modewarenhandlung“, wohl also ohne direkten Kundenkontakt.

Adressbuch-Eintrag Hamburger Engros-Lager Ferdinand Winsen 1903

In der Datenbank Hamburger Frauenbiografien wird die Firma erwähnt als Arbeitsstelle (Wirkungsstelle) von Irma Weiland (15.3.1908 Hamburg – 1.9.2003 Hamburg), einer Malerin, Zeichnerin und Pädagogin.

Schon zwei Tage nach ihrem Austritt dort begann sie am 24. Februar 1926 in der Firma von „Hermann Hammerschlag“.

Arbeitsbuch Gerda Knop 1926-1935

Ein Bild aus dem Hamburger Adressbuch von 1932 zeigt das eindrucksvolle große Geschäft an einer sehr guten Adresse:

Hutfabrik und Hutgeschäft von Hermann Hammerschlag, Neuer Wall 52, Hamburg 1932

Die Firma, „Das große Spezialgeschäft für Damenhüte“, wandte sich offensichtlich an die betuchtere Kund*innen; sie war z.B. mit einer Anzeige in einem Handbuch der Hapag Loyd (Hamburg-Amerika-Line) vertreten („Through Germany“, 1927)

Hermann Hammerschlag war offensichtlich Jude; zu seinem Bruder Emil Hammerschlag gibt es einen Hamburger Stolperstein. Beide Brüder sind in Lippstadt geboren. Emil Hammerschlag kam nach dem 1. Weltkrieg zu seinem Bruder Hermann nach Hamburg, der dort eine Hutfabrik besaß. 1938 wurde Hermann Hammerschlag wegen „Rassenbeschmutzung“ (wohl gemeint: Rassenschande) verurteilt:

„Hermann Hammerschlag, the 60 year old Jewish owner of a popular hat shop in Hamburg, was sentenced of June 30th to three years’ penal servitude for racial pollution and three years loss of civil rights. One Helmuth Wittig, an aryan, who had blackmailed Hammerschlag, was sentenced to three years imprisonment.“ (Der Bericht ist ein Auszug aus dem monatlichen Lagebericht des britischen Generalkonsuls in Hamburg, Laurence Milner Robinson, für den Monat Juni 1938. Er war an die britische Botschaft (Berlin) gerichtet.)

Lorenz, Ina; Berkemann, Jörg (Hrsg.): Die Hamburger Juden im NS-Staat 1933 bis 1938/39. Wallstein Verlag, Göttingen 2016, Seite 46

Offensichtlich konnte er noch vor Ablauf seiner Strafe Deutschland verlassen. Aus dem Eintrag zum Stolperstein: „Der Hutfabrikant Hermann Hammerschlag gelangte im November 1940 über Sibirien nach Shanghai. Von dort wanderte er nach dem Zweiten Weltkrieg nach Südafrika aus“.

Gertrud Knop blieb bis zum 20. Juli 1935 in der Firma Hammerschlag. ab dem 1. August war sie dann im „Haus der Hüte G.m.b.H.“ beschäftigt. Wie lange diese Beschäftigung dauerte, ist leider aus dem Arbeitsbuch nicht zu ersehen. Immerhin legte sie am 6. Februar 1937 ihre Meisterprüfung ab.

Zeugnis über die Meisterprüfung als Putzmacherin von Gertrud Knop 1937

Eine der Beisitzerinnen, M. Reinecke, hatte auch bereits ihrer Lehrlingsprüfung beigewohnt. Im Vordruck der Handwerkskammer waren Frauen offensichtlich noch nicht vorgesehen – Gertrud Knop hat „seine Meisterprüfung“ abgelegt… Im Lehrbrief wurde immerhin schon 1924 formuliert: „Derselben wird nach bestandener Prüfung dieser Lehrbrief erteilt“.

Das „Haus der Hüte“ taucht wieder in einem Text zu den Stolpersteinen auf, hier zum Hamburger Stolperstein Jakob Blankenstein, dessen Frau Sophie „am 1. Februar 1933 sogar wieder eine Festanstellung als Putzverkäuferin (bekam), nun im „Haus der Hüte“ in Altona. Ihr Monatsgehalt belief sich nun auf 160 RM netto. Mit der „Arisierung“ des Betriebs endete jedoch diese Tätigkeit knapp fünf Jahre später am 30. Juni 1938.“ Offensichtlich handelte es sich beim Haus der Hüte also auch um einen jüdischen Betrieb. Ob Gertrud Knop auch nach der Arisierung dort beschäftigt war, wissen wir leider nicht.

Interessanter Weise war Sophie Blankenstein davor auch bei Hammerschlag beschäftigt, und zwar in einer Filiale. „Sophie unterhielt die Familie mit ihrem Lohn als Putzverkäuferin und Filialleiterin bei der Firma „Hammerschlag am Schulterblatt“, Schulterblatt 145/147. Ihr Gehalt betrug 150 RM brutto.“

Über den weiteren Lebensweg von Gertrud Knop kann man nur spekulieren. Als Angehörige der lutherischen Kirche (lt. Zeugnis) war sie zumindest keiner direkten rassischen Verfolgung der Nationalsozialisten ausgesetzt. Mit Abschluss der Meisterprüfung war sie fast genau 30 Jahre alt. Ob sie dann noch ein eigenes Geschäft begründete, lässt sich leider nicht mehr feststellen.

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