Exzentrischer Kopfputz? Oder extravaganter Haarschmuck? Wie auch immer man die „Parure Excentrique“ übersetzen mag, das ihr gewidmete Büchlein von Octave Uzanne, 1895 in Paris erschienen, hat mir großes Vergnügen bereitet.
„Il n’est pas de mode ridicule alors qu’elle règne; l’exagération d’une mode n’apparait guère que lors’quelle a disparu.“
Octave Uzanne: La Parure Excentrique Époche Louis XVI. Paris, Édouard Rouveyre, 1895, S. 12
Uzanne scheint angesichts der modischen Ungeheuerlichkeiten des 18. Jahrhundert selbst etwas fassungslos. Die Übertreibungen der Mode assoziiert er klar mit dem Auftauchen von Marie Antoinette, „der Österreicherin“ (sie war ja eine der Töchter von Kaiserin Maria Theresia):
„Les coiffures intronisées en France par Marie-Antoinette d’Autriche sont peut-être les plus folles qui aient existé depuis les Romains. (…) La coiffure féminine, qui, sous le règne de Mme de Pompadour, avait conservé une certaine proportion harmonieuse et une sorte de réserve exquise, ne commença guère à s’élever et à bouffer hors de la norme que vers 1755.“
Octave Uzanne: La Parure Excentrique Époche Louis XVI. Paris, Édouard Rouveyre, 1895, S. 13-15
Die Zeiten hoher Haarfrisuren waren 1781 allerdings vorbei, als Marie-Antoinette nach der Geburt ihres Kindes unter Haarverlust litt. Aber da gab es ja auch noch andere Möglichkeiten, den Kopf modisch herzurichten.
Das Büchlein enthält insgesamt 100 Abbildungen von außerordentlichem, exzentrischen Kopfputz. Einige habe ich hier einmal zum allgemeinen Vergnügen mit ihren manchmal doch sehr umfangreichen Titeln abgebildet.
Octave Uzanne, Autor der Einführung zum Werk und Herausgeber, war ein bibliophiler Schriftsteller und Journalist. Er lebte von 1851 und 1931, gründete mehrere Zeitschriften, bereiste die Welt – und begeisterte sich, wie wir dem französischen Wikipedia-Eintrag entnehmen können, für die graphischen Künste des 18. Jahrhunderts. Aus dieser Begeisterung heraus ist wohl diese kleine Sammlung von 100 mehr oder weniger grotesken Modebildern entstanden, „imprimées en plusieur tons et rehaussées à l’aquarelle“, also gedruckt und nachkoloriert, in der besten 1895 verfügbaren Qualität.
Zum Schluss noch eine kleine Anekdote, die ich hier frei nacherzähle.
Der „Chevalier de Saint Michel“ fand 1772 in einem Modeheft 6 Seiten mit je 16 Frisuren, insgesamt also 96 Variationen, den Kopf zu schmücken. Es war dies aber das Heft Nummer 39; daraus schlussfolgerte er, dass bis zu diesem Datum insgesamt 3.744 unterschiedliche Variationen des Kopfputzes erfunden worden sein müssten.
Was für Zeiten.
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