Fundstücke Putzmacherei und Putzmacherin

Royales Amoures oder königliche Liebschaften einer Modistin

Die Modistin war immer wieder Titelheldin mehr oder weniger seriöser Romane. Einige davon will ich hier einmal kurz vorstellen. Heute:

Titelblatt "Royales Amours d`une petite Modiste"
Titelblatt „Castanié, François: Royales Amours d’une petite Modiste (Madame du Barry). Jules Tallandier, Paris 1913“

Royales Amours d’une petite Modiste (Madame du Barry), par François Castanié, Paris 1913″. Erschienen bezeichnender Weise in der Reihe „La Française racontée par elle-même: Les mémoires de la femme. Publiés sous la Direction de F. Castanié“. Das Copyright lag beim Verleger Jules Tallandier („éditions Tallandier„).

Der Autor François Castanié ist weitgehend unbekannt. Er wird als Autor folgender Werke genannt:

  • Memoires du porte-drapeau, Louis-Francois Orson (1789-1799) Preface par Arthur Chuquet (1911)
  • Les indiscrétions d’un préfet de police de Napoleon. L’histoire vue par la police. Paris, Librairie Illustrée Jules Tallandier Éditeur. 1911
  • Le règne de l’amour : reine et favorites. Paris, Librairie Illustrée Jules Tallandier, 1912

Castanié wird auch als Herausgeber der Reihe „Petits mémoires de la Grande Armée“ genannt. Er scheint also ein Interesse an der Revolutions- und Kaiserzeit (Napoleons) gehabt zu haben.

Nun aber zu den „Königlichen Liebschaften“. Oder wie sollte man das Verhältnis der Madame du Barry zu Ludwig XV übersetzen? Sie war seit 1769 seine Mätresse und starb 1791 unter dem Schafott. Als „kleine Modistin“ hat sie wohl in der Tat ihre „Karriere“ begonnen. Laut Castanié war sie zwei Jahre lang bei Madame Labille in der Lehre und fiel dort wegen ihrer besonderen Schönheit auf. Der Duc du Barry, erfolgreicher Höfling, arrangierte dann eine Ehe mit seinem Bruder, sodass sie als Comtesse du Barry auch am Hofe präsentabel war. Ludwig XV bedurfte – so die öffentliche Meinung – dringend einer neuen Mätresse nach dem Tod der Madame de Pompadour; der Duc du Barry stellte seine Schwägerin erfolgreich seiner Majestät vor, und sie wurde in Folge die neue Mätresse des Königs.

Castanié gibt in seinem Buch einen halb-dokumentarischen Bericht über das Leben der du Barry am Hofe und lässt dabei keine Intrige, keine Verwicklung und Anekdote aus. Der heutige Leser wird das vermutlich ebenso langweilig finden wie unnötig kompliziert. Letztlich handelt es sich (nur) um ein weiteres Werk über eine der berühmtesten Mätressen des französischen Königshauses. Der Reihentitel „La Française racontée par elle-même: Les mémoires de la femme“ ist hier jedenfalls irreführend: Zwar wird immer wieder in wörtlicher Rede geschrieben, ein echtes Erinnerungsbuch einer Modistin ist das jedoch nicht.

Ein letztes Mal wird allerdings auf der vorletzte Seiten an den Buchtitel erinnert, als Madame du Barry 1793 zum Schafott gefahren wird:

„Lorsque la charette parvint à la barrière des Sergents, les ouvirères de Mlle Bertin, la grande modiste, qui fournossait la Comtesse, accoururent au balcon. En voyant l’état lamentable de celle qui était partie d’un de ces mêmes atelier pour prendre le chemin de l’échafaud en passat par le trône, ces petites modistes, dont les rêves étaient encore pleins de la splendeur de leur ancienne compagne, ne purent supporter le spectacle de tant de malheur. Elles poussèrent des cris d’horreur et d’indignation, et coururent se cacher au fond de leur ateliers.“

Castanié, François: Royales Amours d’une petite Modiste (Madame du Barry). Jules Tandier, Paris 1913, S. 383

© Copyright Anno Stockem 2021

Literarische Bearbeitungen der Putzmacherei:

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